Filmblog

Filmtipp: „Boulevard der Dämmerung“

„I am big. It’s the pictures that got small“

Gloria Swanson als Norma Desmond in Sunset Boulevard, 1950

DVD Cover Sunset Boulevard (1950), Paramount Pictures, 2003

Hallo allerseits,

heute bin ich zurück mit einem ganz besonderen Filmtipp. Dieser Film hat mich dazu inspiriert, mein Buch „Die Ära der schweigenden Muse“ zu schreiben. Ich spreche von Billy Wilders „Boulevard der Dämmerung“ oder auf Englisch: „Sunset Boulevard“. Der Film-Noir Klassiker erschien 1950 und hat eine Laufzeit von etwa 106min (laut DVD). Die Besetzung lässt sich sehen, denn neben William Holden spielt auch die große Stummfilmschauspielerin Gloria Swanson die Hauptrolle.

Ich habe den gleichen Artikel bereits auf meiner alten Homepage veröffentlicht und einige kleine Details aktualisiert. An meiner Meinung hat sich allerdings nichts geändert. Für mich gehört der Film immer noch zu meinen Lieblingen.

Da ich nicht zu viel vom Plot verraten möchte, gibt es hier nur eine kurze Zusammenfassung der Handlung.

Bei dem Film geht es um Joe Gillis (William Holden), einen Drehbuchautor, der vor seinen Gläubigern flüchtet und so Bekanntschaft mit der längst vergessenen Stummfilmschauspielerin Norma Desmond (Gloria Swanson) schließt. Sie bittet ihn ihr bei einem Drehbuch zu helfen, was sie zurück auf die Leinwand bringen soll, was Gillis tut. Mit der Zeit gerät er in eine immer schlimmer werdende Abhängigkeit Desmond gegenüber. Diese glaubt, ein großes Comeback vor sich zu haben, was aber so gut wie ausgeschlossen ist. Am Ende kommt es zu einem großen Showdown, der einen von ihnen das Leben kosten wird.

Seitdem ich „Boulevard der Dämmerung“ das erste Mal im Fernsehen sah, bin ich ein großer Fan des Filmes. Die Stummfilmzeit hat mich immer fasziniert und durch „Boulevard der Dämmerung“ bin ich zum ersten Mal wirklich in die Materie eingeführt worden und die Geschichte hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Ich finde es erstaunlich, wie viele „alte“ Stummfilmberühmtheiten Billy Wilder für seinen Film besetzen konnte. Neben Gloria Swanson und Erich von Strohheim, sehen wir auch Cecil B. DeMille sowie Buster Keaton,  Anna Q. Nilsson, H.B. Warner als auch die bekannte Reporterin Hedda Hopper, die als Schauspielerin ihre Karriere begann.

Auch die Geschichte, die thematisiert wird, der Fall der großen Stummfilmmimen, ist überzeugend dargestellt. Gloria Swansons Darstellung allein ist bemerkenswert. Sie schafft es perfekt, die realitätsferne Diva darzustellen.  Sie spielt den Charakter mit einer Mischung aus Wahnsinn, Tragik und auch immer mit einem letzten Funken Hoffnung, wieder auf bessere Zeiten zu blicken. Swanson selbst war eine berühmte Stummfilmmimin, hat den Umschwung zwischen Stummfilm und Talkies miterlebt. Sie war eine echte Zeitzeugin dieser Erneuerung Hollywoods. Kein Wunder also, dass man ihr die Leidenschaft, diese Rolle zu verkörpern, auch ansieht.

Die Stummfilmzeit an sich war extrem interessant und es lohnt sich für jeden Filmfan, sich ein wenig in die Materie hineinzulesen – selbst wenn man Stummfilme an sich vielleicht nicht mag. Denn es stimmt, was der Film uns sagen will. Durch den Tonfilm haben viele Schauspieler ihre Jobs verloren, da ihre Stimmen auf einmal eine größere Gewichtung hatten als ihre Gestik. Für die Stars war das ein großer Schock und es war tatsächlich nicht ungewöhnlich, dass das plötzliche Karriereende eine Menge Leben ruinierte. Und dass mit dem Ende der Stummfilme auch der große Börsencrash einherging, war natürlich auch nicht gerade förderlich. Die Schauspieler schafften es nicht zu verarbeiten, dass sie vom einen auf den anderen Tag als vergessen galten und mit einer vollkommen neuen Riege ausgetauscht wurden. „Boulevard der Dämmerung“ zieht eine Menge Parallelen zur damaligen Realität und genau das schockiert wie fasziniert gleichermaßen.

„Boulevard der Dämmerung“ ist meiner Meinung nach, einer der besten Filme, die jemals gedreht wurden. Für mich kann Billy Wilder generell schwer enttäuschen. Ich gestehe, ich bin ein großer Fan seines Lebenswerk. Der Film bietet Spannung, Drama und man kann ebenso einen kurzen Blick in eine längst vergessene Zeit werfen. Und damit meine ich sowohl die Stummfilmära  wie das Kino der Goldenen Ära, denn der Film spielt Ende der 1940er Jahre.  „Boulevard der Dämmerung“ führt uns in die pompösen Villen der Stummfilmstars, wandert mit uns durch das  Studiogelände der Paramount Pictures der 1940er Jahren. Wir blicken hinter das Dasein als Filmstar – sehen die Schatten-, wie die Glanzzeiten und lernen auch etwas über das Studiosystem. Hollywood spielt sich in diesem Film selbst- man beschönigt nichts, zeigt die brutale Realität des Business und die Auswirkungen, die die Entscheidungen damals mit sich trugen.

Die Thematik hat bei einigen Leuten der Filmwelt auf jeden Fall einen Nerv getroffen, denn Louis B. Mayer soll damals so wütend auf den Film gewesen sein, dass er Wilder „teeren und federn“ wollte (Quelle: Boulevard der Dämmerung – Wikipedia; abgerufen 18.10.23).

Das Cover auf dem oberen Bild stammt übrigens von meiner DVD. Ich mochte das Bild sehr gerne, denn es zeigt ganz klar, was der Film aussagen möchte: Das ist Norma Desmond, eine wahre Diva. Und doch steht sie alleine da, vergessen von all ihren Fans – was sie aber nicht davon abhält, weiterhin eine Diva zu bleiben.

Szenenbesprechung

Szene aus „Sunset Boulevard“ von 1950, Paramount Pictures

Eine bestimmte Szene möchte ich gerne besprechen. Es geht um den Moment im Film, in dem Norma Desmond zu den Paramount Pictures fährt, im Glauben, dass Cecil B. DeMille ihre Drehbuch-Idee umsetzen möchte. Wir sehen, wie sie in ihrem Oldtimer zu den Toren der Paramount Pictures fährt und ohne Termin zu DeMille zugelassen werden möchte. Der jüngere Wächter möchte sie nicht hereinlassen, weil er sie nicht kennt, der ältere aber weiß ganz genau wer sie ist und öffnet die Tore für die große Norma Desmond. Auch in der späteren Szene wird klar, dass die älteren Semester durchaus wissen, wer Norma Desmond ist und sie voller Faszination ansprechen, sowie sie merken, wen sie vor sich haben. Während sie gleichermaßen unter den jüngeren Menschen vergessen scheint. In der Szene, in der sie DeMille am Filmset besucht, entdeckt einer der älteren Lichttechniker Norma und führt den Scheinwerfer direkt zu ihr, damit sie genau dort steht, wo sie seiner Meinung nach sein soll: Im Mittelpunkt, im Licht der Aufmerksamkeit (siehe Bild oben). Norma genießt diese Zuneigung zusehends und plötzlich werden auch die anderen Menschen auf dem Filmset auf sie aufmerksam und umringen sie voller Bewunderung. Obwohl einer ihrer Bewunderer sogar erwähnt, dass er dachte, sie sei bereits tot. Hier zeigt sich, wie lange Norma eigentlich schon am Filmset verschwunden ist. Und doch scheint es für sie, als sei kein Tag seit ihren Glanzzeiten vergangen.

In dieser Szene ist Norma für eine kurze Zeit endlich wieder der Star. Ihr Narzissmus wird gefüttert, und der Traum, jetzt wieder ganz oben zu sein, scheint zum Greifen nah. Und gleichzeitig hat diese Szene einen bittersüßen Beigeschmack, denn Norma weiß nicht, dass sie nicht etwa wegen eines Filmangebots von Paramount angerufen wurde, sondern weil man sie bitten möchte, ihren Oldtimer für Dreharbeiten zu Verfügung zu stellen. Und dass all ihre Vertrauten wie Max, Joe oder auch Cecil B. DeMille ihr diese Wahrheit  verschweigen, zeigt, dass jeder Außenstehende ihre Verzweiflung erkennt und nur Norma selbst in ihrer eigenen, realitätsfernen Welt gefangen scheint. Diese Szene macht noch einmal ganz deutlich, wie wirklichkeitsfremd Norma ist und wie sehr alle umstehenden dieses Verhalten unterstützen. Es ist also kein Wunder, dass eine Eskalation in greifbarer Nähe ist.

Was mir persönlich an der Szene ebenso gefällt und auch ein wenig humoristischer gestaltet wurde, ist der Moment, als ein Mikrofon in Normas Richtung fährt und es die Pfauenfeder an ihrem Hut berührt. Sie erschreckt sich und schiebt das Mikrophon irritiert und leicht angewidert fort. Es ist eine nette kleine Erinnerung daran, dass Norma es nicht gewöhnt ist, Mikrofone an einem Filmset zu haben und sie es angewidert wegschiebt, weil sie von Tonfilmen nur wenig hält. Doch auch hier stellt sich eigentlich nur eine Frage: Wie möchte sie ein Star in einem Medium sein, was sie eigentlich so vehement ablehnt?

Fazit

Ich kann den Film wirklich nur jedem ans Herz legen, vor allem wenn man sich für Filmgeschichte interessiert. Wer keine DVD oder Blu-ray mehr kaufen kann oder möchte, der hat die Möglichkeit, auf der offiziellen Paramount Website alle Streaming Anbieter zu finden: Sunset Boulevard (1950) (paramount.de) (abgerufen: 18.10.23)

Für mich wird dieser Film auf jeden Fall immer einen ganz speziellen Platz in meinem Filmherzen haben.

Hier ist übrigens der Trailer zu diesem wunderbaren Film:

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